Schloss remeringhausen

„Wir verkaufen ein Lebensgefühl!“

Tania und Nicolaus von Schöning machten das Rittergut Remeringhausen im Schaumburger Land zur gefragten Eventlocation mit historischem Flair in familiärer Atmosphäre. Jetzt hoffen alle auf ein Ende der Corona-Beschränkungen.

Von Dorothee Gräfin v. Walderdorff

Der Auftakt fiel ins Wasser. Strömender Regen beim ersten Parkfestival „Romantic Garden“ auf dem Rittergut Remeringhausen im September 2001. Knöcheltief versanken die Besucher im Matsch. Frierend und durchnässt beobachteten Tania und Nicolaus von Schöning, wie ihre romantischen Träume von Windböen erfasst und in Regenfluten ertränkt wurden. „Neun Grad im September!“, seufzt Tania von Schöning. „120 Millimeter Niederschlag in drei Tagen!“, klagt Nicolaus von Schöning, und beide schaudern beim Gedanken an den damals gerade neu bepflanzten Park, der nach dem Regenfestival aussah wie ein Truppenübungsplatz. Auch ihre Eltern Hans-Hildebrand v. Breiten buch und seine Frau Monika waren „not amused“. Der Wiederaufbau des Parks nach den Plänen des berühmten Hofgärtners Homburg im Stil eines englischen Landschaftsgartens war ein Großprojekt gewesen. Die ganze Familie hatte mitgearbeitet. Hans-Hildebrand v. Breitenbuch und seine Frau Monika waren die Ersten, die nach vielen Generationen das lange vernachlässigte Gut selbst bewohnten, den Pachtvertrag beendeten und Land und Forst selbst bewirtschafteten. Sie haben zwei Töchter, Tania (*1969) und ihre fünf Jahre jüngere Schwester Carolin, die Claus v. Heydebreck heiratete und heute in Brasilien lebt. Als Tania im September 1994 den Agraringenieur Nicolaus von Schöning heiratete, war bereits klar, dass sie später einmal das Rittergut übernehmen würde. Davor jedoch wollte das junge Paar, nebst Töchterchen Charlotte (*1993), erst einmal in Mecklenburg-Vorpommern den historischen Rausch nach der Wende erleben. „Es war eine sehr aufregende Zeit und beruflich eine spannende Herausforderung“, schwärmt Nicolaus von Schöning, der für Investoren landwirtschaftliche Betriebe gründete und betreute. Die Juristin Tania von Schöning absolvierte währenddessen ihr Referendariat am Landgericht in Neubrandenburg und Schwerin mit bald zwei kleinen Kindern, Sohn Ludolf wurde 1996 geboren. „Für mich war es keine besonders glückliche Phase“, erinnert sich die Mutter von mittlerweile vier Kindern (Cosima * 2003 und Helene * 2005). Die Sehnsucht nach etwas Eigenem, nach Remeringhausen war groß. Die Frage: Was machen wir aus dem Rittergut?

Hofgarten

„Landwirtschaft allein genügt nicht“

Das war ein Dauerthema. Als im Vorfeld der Weltausstellung Expo 2000 der kanadische Generalkommissar eine Bleibe in der Nähe von Hannover suchte, präsentierten ihm Tania und Nicolaus Schöning – ziemlich mutig – das seit 40 Jahren nahezu unbewohnte „Schlösschen“. Der Kanadier war begeistert vom Weserrenaissancebau von 1599. Euphorisch unterschrieb er den Mietvertrag, der die Finanzierung einer Renovierung ermöglichte. Wochenende für Wochenende schuftete das junge Paar, verwandelte das lange leer stehende Gebäude in eine aparte Residenz – mit Fußbodenheizung! Ein Jahr später, noch aus der Ferne, organisierten die beiden das beschriebene romantische Parkfestival, das dann im Regen „ertrank“. Zwei Wochen leckten Tania und Nicolaus von Schöning die Wunden, doch plötzlich wurden sie mit dem begeisterten Zuspruch vieler konfrontiert und erkannten schließlich selbst: „Das war der worst case – und auch den haben wir überlebt. Wir sollten weitermachen!“ Des ständigen Pendelns müde bezog die junge Familie das mittlerweile wieder frei gewordene Schlösschen, stürzte sich auf Renovierungsarbeiten, versank in Arbeit und Papierkram. Mit Fördermitteln vom Land, vom Denkmalamt und der VGH-Stiftung renovierten sie ein Gebäude nach dem anderen, immer mit großem eigenem Einsatz und offen für alle sich bietenden Gelegenheiten. Als die Verwandtschaft, Matthias Freiherr v. Münchhausen, die Dächer vom benachbarten Rittergut Apelern neu decken ließ, stieg Nicolaus von Schöning selbst mit aufs Dach, rettete 44 000 barocke Hohlpfannen und ließ damit die beiden Torhäuser in Remeringhausen neu decken. 2007 übernahmen Nicolaus und Tania von Schöning Remeringhausen, da hatten sie sich längst die Qualifikation, das Rittergut in der 22. Generation weiterzuführen, erarbeitet. Von Mai bis Oktober verging kein Wochenende ohne Hochzeitsfest. In den Jahren vor Corona waren es manchmal vier an einem Wochenende und rund 50 im Jahr. Ein gut eingespieltes Team von sieben Mitarbeitern und den beiden Chefs sorgt für den reibungslosen Ablauf bei gleichzeitiger Organisation der vier Großveranstaltungen. Den Auftakt bilden die Pflanzentage Anfang Mai mit rund 80 Ausstellern. „Die Leute kommen in Gummistiefen, wollen Knollen und sind vernarrt in alte Tomatensorten und Rosen von David Austin“, erzählt Nicolaus von Schöning schmunzelnd. Das „British Weekend“ Ende Juni spiegelt die Affinität der Hannoveraner zum „British way of life“. Auf der großen Wiese am Teich parken Oldtimer, vom feudalen Jaguar bis zum klassischen Mini. Hier bleiben die meisten Väter hängen, während ihre Frauen weiterziehen, um bei Tea, Scones & Clotted Cream einer Lesung englischer Literatur zu lauschen. Die Kinder erleben derweil, wie Hütehunde eine Schafherde zusammenhalten, Falken fliegen und der Pipe Major im Schottenrock den Dudelsack bläst. Nie wieder im September, aber immer im August lockt das Parkfestival „Romantic Garden“ auf Rittergut Remeringhausen Tausende von Besuchern in den acht Hektar großen Landschaftspark. Auf der „Kreativ-Meile“ zwischen uralten Kastanien stellen junge Künstler ihre Werke aus. 140 Aussteller erfüllen jeden Wunsch – und wecken neue. Zum Novemberklüngel kommen manche wieder und andere dazu. Kunst und Kultur, präsentiert im Lichterglanz, weckt die Vorfreude auf Weihnachten.

Anlage

Familiäre Atmosphäre

„Bei jedem großen Event ist die ganze Familie im Einsatz“, erzählt Tania von Schöning, „unsere Kinder laden ihre Freunde ein, Nichten und Neffen reisen an.“ Tagsüber wird hart gearbeitet als Standhilfe, Parkwächter, Bote oder im Service, abends gefeiert. Die Besucher spüren die familiäre Atmosphäre, fühlen sich als ein Teil davon. „Wir verkaufen heile Welt“, verrät Nicolaus von Schöning das Geheimnis ihres Erfolgs. Der Sinn für Tradition und das Miteinander einer großen Familie unterscheidet die Veranstaltungen auf dem Rittergut Remeringhausen von manchen anderen. Aber auch das breite Spektrum der Nutzungsmöglichkeiten, die sich das perfekt kooperierende Paar im Lauf der Jahre erschlossen haben. Jenseits der Hochzeiten und Großveranstaltungen werden die Räumlichkeiten (2000 Quadratmeter überdachte Fläche) für Feiern, Firmenevents und Tagungen vermietet. Der historische Charme des Ritterguts, ausgestattet mit moderner Bürotechnik und Tai-Chi im Park während der Pausen, zieht innovative Unternehmen an.

Gemäldegalerie

Bauer sucht Frau

Die malerische Kulisse wird auch oft als Hintergrund für Werbeaufnahmen gebucht und ist geheimer Drehort von „Bauer sucht Frau“. Dann verwandelt sich das Rittergut in ein riesiges Filmstudio. Zwölf Kamerateams und ihre Gefolgsleute drehen den Auftakt der Serie: das Scheuenenfest, bei dem der heiratswillige Kandidat seine Zukünftige wählt – und die anderen verschmäht.

Einsatz auf Schloss Marienburg

Und weil das alles ihnen immer noch nicht zu viel ist, kümmern sich Tania und Nicolaus von Schöning seit anderthalb Jahren noch um die Bewirtschaftung von Schloss Marienburg. König Georg von Hannover ließ das gewaltige neogotische Schloss in den Jahren 1858–1869 für Königin Marie erbauen. Nur ein Jahr lang lebte die Königin in ihrem „Eldorado“, dann folgte sie ihrem Mann ins österreichische Exil, und das Märchenschloss versank in jahrhundertelangem Dornröschenschlaf. Inzwischen war Ernst August Erbprinz von Hannover Eigentümer und suchte eine neue Zukunft für das beeindruckende Schloss. Er gewann die Schönings gemeinsam mit den Hardenbergs aus Nörten-Hardenberg als Pächter für das Schloss mit Museum, Gastronomie, Shop und Veranstaltungen. Neue Eigentümerin des Schlosses ist eine eigens dafür vom Erbprinzen geschaffene Stiftung. Gemeinsam mit den erfahrenen Mitarbeitern wurden nun auch dort Ideen und Konzepte entwickelt. „Es ist eine schöne Aufgabe, Kinder und Familien für einen Museumsbesuch zu begeistern“, beschreibt Tania von Schöning die neue Herausforderung.

Mehr Infos: www.schloss-marienburg.de

Und jetzt: heulende Bräute, verzweifelte Aussteller

Da wie dort waren die Terminkalender voll, lief die Organisation auf Hochtouren. Dann kam Corona. Ein Super-GAU für Veranstalter. Absage folgte auf Absage. Weinende Bräute im Hof, verzweifelte Aussteller am Telefon. Die Schönings trösten und beschwichtigen. Doch die Planungsunsicherheit nagt auch an ihren Nerven, der lange Lockdown an den Finanzen. „Gestern habe ich 30 000 aufwendig hergestellte Broschüren mit dem Jahresprogramm der Marienburg in den Papiercontainer geworfen“, erzählt Nicolaus von Schöning verbittert. Die Hoffnung sprießt im Park. Die ersten Tulpen blühen, und mit ihnen wächst die Aussicht auf Pflanzentage unter Corona-Bedingungen. Wenn alle ein negatives Testergebnis vorweisen oder gar geimpft sind, könnten alle wieder dabei sein …

Mehr Infos: www.gut-remeringhausen.de